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    NOCHMAL: Manches des auf diesen Seiten Dargestellten ist durchaus riskant!
Es beschreibt Teile und Ideen meines eigenen Übungsprogramms, es ist ganz und gar unmaßgeblich.

 

 

"Die Formen, welche der Körper eines zu Pferde befindlichen Reiters annimmt, nennt man seinen Sitz."
[Plinzner, System der Reiter-Ausbildung, 1900]
 
"Dressur ist eine systematische Gymnastik, der wir das Pferd unterwerfen, um es für den Reitgebrauch tauglich zu machen."
[Plinzner, System der Pferde-Gymnastik, 1888]

"Ein Pferd das überhaupt nicht springt, kann nicht den Anspruch erheben, in einer Dressurprüfung einen Preis zu erhalten."
[Heydebreck, Die Deutsche Dressurprüfung; 1928, 1972, 1988

 

 
Zunigunde 

treibt 
  (April 2007 bis ...  - ende)
Gymnastik:

Damit wir irgendwann einmal eine Vielseitigkeitsprüfung bestehen, einen künstlichen Parcours nehmen oder einen Dressurwettbewerb ohne Schrecken absolvieren können, brauchen wir die ordentliche, reguläre Reitausbildung, Platz und Halle, vor allem zum Gelenkigmachen, zu gezielter Gymnastik und körperlicher Kräftigung, wozu auch das weitere Longieren zählt, was in Gesamtheit unter dem Begriff der "Dressur" geht. Der Zuni Weg dorthin soll hier beschrieben werden.
Die Anwendung endlich findet im Gelände statt, im wirklichen Leben. Die Ausbildung dort dient der Stabilisierung des Gemüts und der Stärkung gegenseitigen(!) Vertrauens. Sie hat Sammlung ebenso wie freies ungehemmtes Reiten, allgemeine Stärkung, Sicherheit der Bewegungen, Nervenstärke, das Springen über wild gewachsene Hindernisse, solides Selbstbewußtsein zum Ziel - und dient der reinen Freude, zum schlichten Pferd- und Reitersein als dem eigentlichen Zweck der ganzen Ausbilderei.

Neben der Arbeit auf dem Reitplatz, wo nur die neue Umgebung etwas ungewohnt war, mußten wir uns vor allem an die Reithalle gewöhnen. So ein Gebäude hatte Zuni bis dahin noch nie gesehen [2/07]. Alsdann ein Versuch: Halle schreckliches Mysterium. Großer Stall ohne Pferde drin, ohne Stroh und dann wird einer auch noch übel in der Gegend rumgescheucht. Schlimmer noch: Geritten - Arbeit, Anstrengung! Nee, das weniger, mein Zunchen ist ein fleißiges Pferd, es ist wohl eher die Furcht vor'm Alleinsein. Am Ende 'ne offene Türe mit Balken davor, wo man die Welt sieht, aber nicht hinkann. Herde auch weg, keine Ahnung, wo. Fenster mit rätselhafter Aussicht auf unbekannte Gegend, beladen mit allerhand ebenso unbekanntem Zeugs. Irgendwo in dieser Richtung müssen die andern sein, man hört sie, aber keine Koppel zu sehen. Das ist das Gruselkabinett! Kann man sich nicht um albernes Bodenarbeiten oder entnervende Imkreisrumrennübungen kümmern. Muß beobachtet werden. Unbedingt. Pferdehorror pur. Oder?
Unklar. Auf jeden Fall hat's Zunchen ziemliche Panik in der Halle. Longe kaum möglich, draufsitzen geht mal gerade so, wirklich "reiten" ist nicht drin. Was tun? Wieder auf die Sanfte. Gelegentlich, ein oder zwei Mal die Woche, beiläufig reinsehen, auch mal ein paar Bahnfiguren abgehen und raus, bevor die Unruhe zum Ungehorsam zu werden droht. Futtereimer mitgenommen, macht den Weg zur Halle leichter. Futtereimer in die Mitte gestellt, wird unruhig und umgebungbewachend zur Kenntnis genommen, attackenartig leergemacht. Dann im Trab zum Licht, zur Tür, und raus - nee, Balken davor. Unruhiges Getrappel bis man rausgeführt wird; Versöhnung auf dem Rasenplatz, Kopf in's Gras gerammt, Kiefer knallen aufeinender. - Man beruhigt sich, nimmt einen Apfel entgegen und schließt erstmal wieder Frieden mit der Welt. Futtereimerbehaftetes Rumführen in unrgelmäßigen Abständen ein paar Mal wiederholt und nach etwa zwei Wochen ist die Unruhe schon beträchtlich geschwunden, es gelingen die ersten paar Zirkel Schritt und Trab auf beiden Händen. Es wird werden. - Es wurde! Man läuft nun gesittet an der Doppellonge, auch die Handwechsel gelingen ordentlich. Galopp haben wir noch vor uns, doch das ist nicht wirklich eine Hürde. [22.4.07] - Richtig, zwei Tage später geht's schon mal einen Zirkel rum, rechts und links; weiter wie auf dem Reitplatz. Von nun an jeden Tag ein wenig mehr, oder mal auch "Urlaub" von Anstrengung und Konzentration, aber stetig vorwärts.
[Anfang Mai 2007] Erste Versuche der Anlehnung gelingen bei recht flottem Tempo, ist allerdings mehr ein Aufstützen. Soweit waren wir vor der Umzieherei schon mal. Wir üben.
Vor ein paar Wochen ist die erste Hinterhandwendung gelungen, vorne gehopst, Übertreten ging noch nicht so recht, aber das Prinzip begriffen - und der Gute Wille war da, ist auch nicht enttäuscht worden: Inzwischen schon mal insofern geschafft, als Bewegungsrichtung, Tritte und Stellung im Großen und Ganzen in Ordnung waren, die Kreisform ist noch weit von perfekt, Schrittfolge mehr zur Seite hin, nicht wirklich rund, am Ende aber dann doch richtig angekommen. Willig ausgeführt, nur eben etwas unsicher. Wir heben uns ernsthafte Übungen für später auf, wenn die Anlehnung wirklich eine solche geworden ist.

Zu den natürlichen "Lektionen", beobachtet (u.a.) am Zunipferd:

  • Übertreten bei starkem Wind grasenderweise, weil das Hinterteil immer zum Wind hin ausgerichtet werden muß, perfekt vorne und hinten, selbständig, ohne jede Hilfestellung.
  • Schulterherein gelingt beiläufig, wenn man sich beim Laufen zur Seite beugt, um die Hosentaschen des 'Führungspersonals' nach Knabberzeug zu beschnuppern.
  • Vorhandwendung gelegentlich, wenn man beim Grasen die Richtung wechseln muß, Hintern wandert um die Vorderbeine herum, müßte man sonst ja das Knabbern am Grünzeug unterbrechen; Kopf in Bewegungsrichtung, Außenstellung. Und wenn man dann dabei versucht, der Decke zu entwetzen, oder der Leine, entwickelt sich daraus das Schenkelweichen.
  • Hinterhandwendung beim Wandern zwischen Bäumen und Gebüsch, man wendet sich vom Hindernis ab, mit Blick auf's neue Ziel entsteht die Stellung in Bewegungsrichtung.
  • Die Levade gelingt, wenn man mitten im Gewimmel von vorn in Bedrängnis gerät, während man hinterteils sich gerade genüsslich kraulen läßt. Das Zunchen kennt seine Kraft und auch deren Wirkung, so weicht es nicht auskeilenderweise zurück, sondern hebt sich vorn und macht dem - sonst eher dominant empfundenen - Entgegenkommenden die Grenze klar [30.10.08].
  • Kapriole heißt ein Schulsprung, bei dem die Vorderbeine angewinkelt unter der Brust gehalten werden und die Hinterbeine aus der angewinkelten Haltung heraus rückwärts ausschlagen ("Streichen"). Solches unternimmt man gelegentlich schon mal, wenn man beim auf die Weide Rausrennenwollen nach vorne nicht wegkommt und von hinten bedrängt wird: Man springt in den Galopp, um loszurennen, Hintermann rennt mit, als man erkennt, daß es vorne nicht weiter geht. Der nicht mehr aufzuhaltende Impuls zum Antreten wird gerade noch nach oben abgelenkt und es geben im Moment der waagerechten Schwebe die Hinterkeulen, ohne wirklich hart treffen zu wollen, vorbeugungshalber das Signal zum Abstandhalten nach hinten [beobachtet am 23.5.08].
Und die gerittenen Antworten entstehen ebenso natürlich:
  • Seitwärts bewegt sich ein Pferd beim Reiten aufgrund der Gewichtsverlagerung, welcher folgend es das Gleichgewicht sucht. Sichworte: Bügeltritt, Kreuzeinwirkung.
    Wendungen entstehen aus der seitwärts weisenden Gewichtshilfe.
  • Schwungvoller Gang und Hankenbeugung entwickeln sich von selbst beim Treten über kleine Unebenheiten, abgebrochene Äste oder vom Sturm gefällt Bäme - je nach Größe und Länge auch natürlicher Anlaß zum regelrechten Springtraining. In der Halle und auf dem Reitplatz ahmen wir das durch Stangen oder Bodenricks nach.
  • Anlehnung entsteht aus der allmählich leichter werdenden Stütze auf das "Fünfte Bein", den Zügel, bei ruhigem Treiben gegen die allmählich leichter werdende Hand. Hier entfaltet das einfühlsam wiederholte "Annehmen - Nachgeben" durch Ringfinger und Kleinen Finger der Zügelfaust seine besondere Wirkung.
  • Das Fünfte Bein sucht ein Pferd sich selber! Es sucht den Zügel, der sich in Fühlung mit dem Maul befindet, entfaltet Vertrauen zur ruhigen - i.e. ruckfrei mit dem Maul mitgehenden - Hand, die diesen führt, und beginnt, sich darauf zu stützen. Hieraus entwickelt sich die Anlehnung.
    Im Extremfalle haben wir den "Puller", der sich mit dem Gewicht der ganzen Vorderpartie und all seinem Vorwärtsdrang auf das Gebiss stützt. Aus diesem schweren Aufstützen gewinnt er seine Sicherheit im Endspurt beim Rennen. Da das Reitpferdeleben kein Endspurt ist, formen wir auch hier die Stütze zur Anlehnung um: Durch Treiben in die Zügelfaust und "Annehmen - Nachgeben", geduldig, sanft, immer wieder.

[10.5.07] Halle hat ihren Schrecken verloren. Ruhiger Schritt an der Longe wie unter'm Reiter, Trab anfangs noch etwas aufgeregt, Galopp gelingt. Erste kontrollierte Runden 'Ganze Bahn' und 'Zirkel'. Im Zirkel über'n - stark ausgelatschten - Hufschlag gestolpert, danach halbwegs sicher. Ist doch noch ziemlich neu, das Phänomen Reithalle, ungewohntes 'Gelände'. Bewegungen noch ein wenig eilig, aber das wird sich geben wie zuvor beim Trab. Wohlkontrollierte Vorhandwendung, ruhig und gemessen, Tritt für Tritt. Schenkelweichen klappt sowieso schon seit langem, von Anfang an ohne jedes Problem, Abruf einer natürlichen Bewegungsform. Vorhandwendung dementsprechend, Hinterhandwendung siehe oben. Nur das Ritual war zu erlernen. Grundlage dafür zu Fuß mit den allerersten Übungen für den Schenkelgehorsam bereits gelegt.
Schließlich, beim Öffnen der Absperrung und während des Aufsitzens zum Verlassen der Halle steht's Zunchen völlig ruhig da und marschiert erst auf meine Aufforderung hin los. Kein nervöses Getrappel mehr. Halle wird Normalität.

Tja, kaum ist's erreicht, sind wir fast wieder da, wo wir waren, das Regenwetter offenbart es:
Umgeben von Großmeistern des Reitens und der Pferdekunde, einer wichtiger und klüger als die andere, werden mir jetzt endlich die so lange entbehrten erhellenden Belehrungen zuteil, doch leider lassen diese sich kaum nutzen. Halle proppevoll, dabei keinerlei Planung in Sicht. "...du hast ja zeit..." höre ich, und den stillschweigenden Anspruch, jeder dahergeloffene Streuner habe das Recht, über jene zu verfügen, nur ich selber nicht. Glück nur, daß wir inzwischen aus dem Gröbsten raus sind, und die weitere dressurmäßige Ausbildung sich getrost in's Gelände verlegen läßt. Zur lösenden Arbeit ohnehin nicht die schlechteste Variante, und nebenher werden wir dabei noch so richtig wetterfest. Ein einigermaßen ebenes Stück Wiese und die Waldwege helfen bei den Lektionen. Mal seh'n, wie's geht.
Geraume Zeit später [2/10] hat der Eindruck sich erneut gewandelt: ‘Großer Stall ohne Pferde drin’ wurde zum beliebten Aufenthaltsort, nicht nur zum Wälzen in weichem Sand, auch so, zum einfach nur Drinstehen und Rausgucken; etwas Rumrennen und Toben auch, aber das ist secundär. Zur Arbeit mit der Doppellonge gerade der richtige Ort - inzwischen aber [2/11], wo die hektische Geschäftigkeit einer Kombination aus Boxenstall, Bergehalle, Fahrzeugdepot, Materiallager und neben der Nutzung als Hundausbildungsstätte auch Voltigier- und Reithalle mit ständigem Lärm, lautem Geschrei von ‘Ausbildern’ und deren Opfern samt unkontrolliertem Umhergehopse mangelhaft gebändigter ‘Voltigierer’ die planvoll konzentrierte Arbeit unmöglich machen, selbst dazu nicht mehr zumutbar, von Übungen zur Rittigkeit garnicht zu reden. So ist die wunderschöne Halle im wunderschönen Bergholz nur als Denkmal noch von Wert. In Konsequenz ist die Ausbildung wieder mal in‘s Gelände verlegt. Nicht die schlechteste Alternative, siehe oben …
 
Große Meister wissen auch um den Einfluß der Fütterung. Das Pferd solle nicht zu kräftig sein, damit bei der Arbeit keine ernsthaften Widersetzlichkeiten auftreten, die ja dann Strafe erfordern würden, was man ja schließlich vermeiden wolle. Zu Nutz und Frommen für das geliebte Pferd. - Dreck! Scheinheiliges Gefasel, getragen von schlichter Dummheit. Vielleicht ja ehrlich als berufliche Notwendigkeit empfunden, weil "der Kunde" das Pferd schnell fertig haben will? Quatsch! Was man nicht leisten kann, bietet man nicht an, so einfach ist das. Zur Sache. Mein Vorgehen hat sich - auch andernorts - längst schon bewährt; Zuni etwa vor dem Anreiten eben nicht schlecht zu füttern, damit ihr die Kraft zu Widersetzlichkeiten fehlt. Ganz im Gegenteil. Damit nämlich ein Grund zur Widersetzlichkeit garnicht erst entsteht. Und genau so war es richtig. Kaum aber reiten wir und lassen uns in der Halle sehen, zählt nicht mehr die bis dahin so einmalig gut verlaufene Entwicklung, sondern es werden Forderungen laut, die selbst die eigenen Pferde dieser lautstarken Ratgeber nicht zu erfüllen imstande sind. Latschende Trauerklöße in der Halle, denn das sei ja für die angstvollen Reiteleven so sehr viel sicherer. Mag sein - interessiert mich nur nicht im geringsten. Natürlich weiß man auch alles über die geeignete Fütterung: Nur nicht zu viel Hafer, Pferd wird zu stark, Du beherrscht es nicht - und dergleichen Humbug. Was soll sowas! Kennen die mein Zunchen? Haben die erlebt, wie es selber sich mir in die Hand gegeben hat? Haben die gesehen, was es inzwischen zu leisten vermag? Und mit welcher Hingabe es eben genau das tut? Nee, wozu denn. Man weiß kraft eigener Vollkommenheit. Und das genügt. Also für die effiziente Dressurausbildung Pferd hungern lassen, Ausbinder kurz, und feste vorwärts. Wenn's nicht will, an die Leine und hurtig durch'n Kral gejagt. Kleiner Kreis, Peitsche reicht nicht weiter. Gelenke? Wozu? Und wer will schon Schwung sehen? Oder gar sowas wie 'Gehlust' entfalten? Gerade das nicht, müßte man ja Sitzen lernem, könnte gar der Fahrtwind die Frisur zerzausen - zu was anderem sind solche Köpfe kaum nütze, naja, doch: Mützenhalter. Aber das isses wohl.
Genau das will ich nicht haben! Wie mir sowas auf die Nerven geht!

Inzwischen üben wir die Arbeit an der Hand.


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