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Zunigunde  im Besonderen    ende  Vertrauen und Vertrautheit

 
 
   

Das Zunipferd


 

ist absolut gutwillig, kooperativ, selbstbewußt und voll naiven Vertrauens.

Beim ersten ernsthaften Ausritt in völlig unbekanntes Terrain gerade erlebt: Da bewältigt meine Zuni voller Vertrauen eine neue Situationen nach der anderen, geht aber plötzlich nicht mehr weiter, weil sie sich schließlich doch vor etwas fürchtet. Wenn ich nun mein Pferd unter mir zittern spüre, weiß ich doch, daß es ohnehin schon weit mehr gewagt hat, als es auf sich allein gestellt getan hätte - es würde eine solche Situation von vornherein sicher vermeiden. Soll ich ihm dann auch noch die Gerte geben, oder die Sporen? Schwachsinn! Denn, wenn ich ihm nur ein paar Sekunden Zeit lasse, sich die Sache anzusehen, und es dann die mutmaßliche Gefahr spürbar voller Selbstvertrauen in aller Ruhe überwindet - und fortan bei ähnlichen Situationen völlig unbeeindruckt bleibt - wer will uns dann noch mit seinem blöden Dominanzgefasel imponieren! [27.12.06]

Kurz darauf mein schönstes Zwischenergebnis:
Unterwegs ein wenig Grasen. Situation wird ungemütlich (Wind - Regen - Sturm - Geräusch...), Pferd will weiter, scharrt, schubst an mir rum, dreht sich zu mir, drängelt. Ich steige auf - und mein Zunipferd steht gelassen da. Ruhig und fleißigen Schrittes geht's weiter...

Das haben wir uns erhalten und gefestigt. So, wie ich selber mich reitend entschieden sicherer fühle, als zu Fuß neben dem Pferd - die Einwirkung ist umfassender (auch wörtlich) und es kann einem z.B. niemand auf die Füße treten - scheint das Zunchen sich mit mir obendrauf ebenfalls deutlich sicherer zu fühlen. Unwegsames, völlig unbekanntes Gelände, Straßenverkehr, ratternde Fahrzeuge und besonders die Spargelernte mit all ihren immer wieder neuen verfeinerten Gemeinheiten haben es deutlich gezeigt. Schwierige Situationen stets reitend durchgestanden rsp. in ganz schwierigen Fällen wenigstens abgeschlossen, mitunter wohl sehr entschlossen und energisch weitergeritten, jedoch nie (NIE!) geschlagen, sporniert oder sonstwie drangsaliert. Schlimmstenfalls abgebrochen und später oder an einem anderen Tage erneut versucht, solange, bis sich der Erfolg einstellte. Pferd nie alleingelassen!
Strafe bestätigt den Eindruck der Gefahr, festigt die Furcht; Hilfe hilft. Ein wenig Nachhelfen mit der langen Gerte hilft auch, oder mit dem Zeigefinger leicht in die Rippen pieken; ist nicht Strafe, gibt Impuls. Meist genügt schon kurzes Abwarten, Pferd die Situation aufnehmen lassen, dann erneut Anreiten oder wiederholen, was gerade anstand. Abwenden von der Gefahr, zur Beruhigung eine Acht reiten oder sich Achten reitend allmählich voranarbeiten. Vielleicht auch den gar so gefürchteten Fluchttrieb nutzen: Umdrehen und entschlossenen Trab oder sogar Galopp anregen. Sicher in die Hilfen eingerahmt den gefährlichen Ort angehen. Steht man erstmal daneben, kann man auch dran vorbeirennen - und schon ist's geschafft. Gelegentlich, wenn garnichts mehr ging, hat es (mir) auch schon geholfen, rückwärts auf den Gefahrenpunkt zuzureiten. Wobei dies Zuni-spezifisch sein mag, jedenfalls nur anwendbar, wo ein Pferd locker und lässig ganz sicher rückwärtsgehen kann - und sowas nie als Strafe kennengelernt hat. Zweifel darf garnicht erst aufkommen, sowohl am eigenen Vorgehen als auch an der Gefolgstreue des Pferdes. Pferd merkt sowas, und es wird dem Reiter auch dann stets rechtzugeben suchen. Stehenbleiben am Ort der Gefahr muß nicht schaden, Kopf ins Gras stecken und futtern beruhigt ungemein. Die Situation wirken lassen, und sobald die Angst droht, übermächtig zu werden, anhalten, beruhigen, die Gegend betrachten, nochmal anreiten - im Extremfalle lieber rechtzeitig umkehren. Mag allerdings auch sein, daß man sich nur an der Leine festgehalten eher eingeengt fühlt, selbst wenn sie lose durchhängt, und an der möglichen Flucht gehindert, als mit dem Reiter obendrauf. Denke, daß dies nicht der Grund ist, aber wer will sowas mit Sicherheit wissen!

Habe das stets so gehalten, Resultat immer ähnlich: Den ersten fremden Stall konnten wir zu Fuß verlassen, obwohl eine Hausfassade während der Gewöhnungsversuche eine unüberwindliche Bedrohung darzustellen schien; wie oft haben wir schmale Brücken geübt! Überquerung nie gelungen, aber als es wirklich notwendig wurde, ging's Zunchen ohne Zögern einfach drüber, stark befahrene Autobahn untendrunter rsp. ein breiter Kanal; Longieren in der Halle nunmehr ruhig und sicher [5/07], obwohl ich stets entweder die Halle verlassen habe, wenn die Unruhe gar zu stark wurde, oder gleich aufgestiegen bin, wenn Zuni Angst bekam; und inzwischen [12.5.07] stapft sie wacker durch kaum einschätzbare Wasserlachen hindurch, ist darin auch schon mal recht heftig gestolpert, wo sie vorher nichtmal zum Durchwaten einer ganz flachen Pfütze zu bewegen war, obwohl ich sie nie auch nur energisch hindurchgeschickt, sondern stets, wenn Furcht aufkam und ruhige Überzeugungsarbeit nicht half, einen Umweg genommen habe.

Auf jeden Fall, das Vertrauen muß gegenseitig sein, und bedingungslos.
Wann es soweit ist? Keine Ahnung. Geduld! Wissen wird, wer es hat.

Und auch das: Endlich erwischt, runtergefallen. Karnickel unmittelbar vor uns aus dem Gras gehopst, und Zuni zur Seite, ich daneben. Mangels Pferdes auf dem Boden gelandet. Stall und Koppel in Sichtweite. Stunde der Wahrheit, wo rennt's Pferd hin? Garnicht: Bleibt ein paar Meter neben mir stehen, läßt sich ohne weiteres am Zügel greifen. Ich steige auf. Fertig. Pferd ruhig, wir gehen weiter. Nagelprobe bestanden. Bin sehr zufrieden. [5/07] Erst recht, nachdem nun, ein paar Tage später, aufgrund weiterer in der Nähe rumspringender Karnickel und anderen Getiers klar ist, daß dieses Ereignis keinerlei Konsequenz hatte, als die, das Zunchen gegen unvorhergesehenes Karnickelgehopse u.dgl. noch ein wenig sicherer zu machen. Andere Runterfall-Ereignisse hatten wir schon hinreichend, etwa beim Versuch, von rechts aufzusitzen. Stets war heillose Panik die Folge, Pferd rennt weg, ich fliege eine zeitlang mit, dann trennen sich unsere Wege. Einzige Konsequenz: Zuni wird ganz allmählich auch von rechts zutraulicher, irgendwann wird das Aufsteigen kein Problem mehr sein. Arbeite ähnlich daran, wie zu Anfang vor dem Anreiten, nur geduldiger. Bin auch schon mal beim Aufsteigen gegen das drängelnde Pferd auf der anderen Seite gleich wieder runtergerutscht. Alles ohne Folgen. Noch nie hat Zuni versucht, mich abzuwerfen. Draußen, bei den ersten Hüpfern im gestreckten Galopp war ich keineswegs ganz sicher - Dumm von mir!

So ergab sich der nach dem Anreiten nächste wichtige Erfolg. Das Vertrauen ist hergestellt, es trägt und es ist gegenseitig. Zuni blieb bei mir stehen, weil sie sich dort sicher gefühlt hat - oder weil sie meinte, mir Schutz bieten zu müssen? Erstmal egal. Zusammen mit den bisherigen, weniger deutlichen derartigen Situationen wird aus der Vermutung nun Gewißheit. Erreicht auch wieder so, wie ich es mir erhofft hatte, schlichtweg aus dem Erleben heraus, ganz ohne Dominanzgequake, Dualgeflüster, Joinakademie, 'Chef'-Getue oder sonstsowas.

Dieses Pferd ist so arglos und zutraulich, wie nur ein Pferd sein kann. In der Tat, soweit waren wir. Bis ganz offensichtlich dann doch so ein blöder, dicker, selbstherrlicher Teilzeitbauer und Ex-Ober-Stallausmister gegen ausdrückliche Vereinbarung und trotz wiederholter deutlicher Anweisung, dergleichen zu unterlassen, nach der Methode "hamwaimmasojemacht" das Zunchen nun doch mal so richtig richtig erziehen und darum fest anbinden mußte. Vermutung nur! denn eigentlich hat es ja niemand angebunden, nimmer! was für eine verwegene Unterstellung. Die Pferde selber sind's gewesen. Wersonst. Klardoch. Solchermaßen abgestraft und belehrt ziehe ich mich auf meine Gedanken zurück.
Kriegen wir hin. Kuriere das erstmal, indem ich mich allein auf das Vertrauen zwischen Zuni und mir verlasse. - Da bestätigt sich die Richtigkeit der Abfolge bei der Ausbildung auf's neue: Neben körperlicher Kräftigung hat absoluten Vorrang das gegenseitige Vertrauen. Denn wer kann sicher sein, daß nicht irgendein Trottel heimlich am Pferd rumfingert, weil er es ja ach so "gut meint"? Anmaßende Idioten kennen weder Einsicht noch Grenzen. Niemand wird sich zu wundern haben, wenn man sich dann so seine Gedanken macht. Noch scheint mit einiger Geduld alles relativ leicht zu bewältigen, aber wer weiß, was noch kommt - es packt einen die blanke Wut...

Überstanden! Beim jüngsten 'vollendeten Verladetraining' gezeigt [30.6.07]. Eigentlich geht's Verladen ja wohl anerkanntermaßen besser, wenn ein routinierter Fremder anstelle des aufgeregten und unerfahrenen Besitzers den Vorgang in die Hand nimmt. Meine große Zittertour. Nach vorsichtigem Heranführen an den Hänger, Beschnuppern, Heu Knabbern und weiteren derartigen Entspanntheitsübungen in der folgenden ernsthaften Phase eben so versucht. Erfolg: Zuni wehrt sich erst recht. Ganz besonders, als man versuchte, mit langer Leine nach Art eines Flaschenzuges sie mit 'sanfter Gewalt' in die Ladebox zu ziehen. Soll ja ein probates M ittel sein. Nicht bei Zuni! Meine Rede! Doch wen interessiert das schon. Ein Minimum 'besseren Wissens' ist kraft beruflichen Status' als Pferdeverlade-Oberassistent wohl unvermeidlich. Dennoch, als man - glücklicherweise sofort, ohne Diskussion und ohne Schaden für das Pferd - begann, mir Glauben zu schenken, umgehend abgelassen, Pferd beruhigt und das Zwei-Longen-Verfahren bemüht, mit mir selber vorneweg: Etwas Zögern, Schnuppern, Zieren, ein wenig Nachdruck mit den Longen, und trapp trapp trapp ging's rauf in die Kiste. Hurtig und kurz entschlossen.
Übrigens der erste Transporteur, der mit gutem Rat aber ohne Schlaumeierei entspannt und mit großer Geduld an's Werk gegangen ist. Tatsächlich der erste Solche! All die anderen Fachleute der Zunft haben's zwar irgendwie auch geschafft, stets aber beim Pferd einigen Schaden hinterlassen. Ein Transport, an dessen Ende nach ruhiger Fahrt Zuni relativ gelassen und ganz friedlich vom Hänger stieg. Es geht also! Selbst nach den denkbar schlechten Erfahrungen, die das Pferd vorher machen mußte! Nach diesem Erlebnis scheint die ganz große Furcht vor dem Verladen nun vorbei zu sein. Der kurz entschlossene Abgang aus der Gefahrenzone in Wildenbruch (s.u.) verlief zwar unwillig, aber - mit erfahrener Unterstützung - endlich wieder vertrauensvoll und ohne Angst. Am Ziel stieg ein einigermaßen ruhiges Pferd aus dem Anhänger.

Schon wieder! Aber wie gehabt, wo das Zunchen in Gefahr gebracht wird - diesmal durch einen stallbetreibenden Treckerfahrer - bleiben wir nicht: Zum dritten Mal innerhalb sechs Wochen ein dickes Bein. Richtig schlimm diesmal. Verknackst? Sehnenschaden lauert! Dieses mitgeteilt, in der Hoffnung, man würde ein wenig Rücksicht nehmen. Selber dageblieben, um bei Bedarf zu helfen. Nichts da! Beim Heu nachlegen ist man zu faul, den Trecker zu verlassen, zwei Pferde entwetzen durch's offene Koppeltor, und der Herr der Landschaft macht sich daran, die beiden mit Trecker und Heugabel dran durch den knöcheltiefen glitschigen Modder zurückzujagen. Eben dort entlang, wo das dicke Bein durch heftige Ausrutscher entstanden ist. Nun ist klar, warum es auch nicht gesund werden konnte. [3.12.07] - Letzteres schon, die Ursache ist erst viel später zutage getreten. Es muß einen sehr harten Stoß an's Röhrbein gegeben haben. Nun, gegen Ende des Fellwechsels läßt sich eine kleine vernarbte Stelle erkennen. Ein Rest vom Bluterguß ist immernoch fühlbar, baut sich zwar ab, aber sehr, sehr langsam. - Wir gehen grasen und selten machen wir auch mal 'nen kleinen Schritt-Ausritt oder longieren ein wenig, damit solche Übungen immerhin wenigstens in Erinnerung bleiben.
frotz wilter, kunersdorfer str., wildenburch:
Eindringlich muß ich nunmehr ganz besonders vor einem senilen Alten warnen, der in Wildenbruch Pferde beherbergt... Ohnehin, denn nicht jeder, der einen Pferdestall betreibt, ist allein schon deshalb kompetent für solches Tun! Auch nicht, wenn er sich auf ein langes Dasein als (Teilzeit-)Bauer beruft, sich als gewesener Polizeihilfsoberstallmeister ausgibt, oder sich nur auf dauerhaft unbelehrbar gleiches und allein schon deshalb notwendigerweise richtiges Handeln beruft, &c. Ob diese Stall-Leute nun Huschke heißen, Wolter, Holler, Dahme oder gar Wothke, wasauchimmer, eingehende Prüfung vor dem Einstellen des eigenen Pferdes ist unbedingt geraten. Hinterher, sobald sich Zweifel an der natürlichen Omnipotenz eines Stallbetreibers erheben, hagelt es Intrigen, es fallen böse Worte und man kommt kaum ohne Schaden von solchen Orten weg.
 
Ich werde soetwas niemals hinnehmen, so auch dieses Mal. Drei Stunden später waren wir weg! Immerhin, verlademäßig sind wir nun gestählt und auch die Trennung von den beiden engen Freundinnen scheint überstanden. Erstmal zu Fuß das nach dem fast-sechsten Umzug (zurück an einen schon bekannten Ort) wieder mal neue Gelände erkundet. Gefährliche Sachen, Gebäude, Gräben, riesige Pfützen, Ziegen, Pferde(!) und ein großer Reitplatz mit suspekter Geländeausstattung aber auch mit viel Gras, das über die neuerliche Unbill hinwegtröstet. Stunde Wanderschaft.
Das alte Muster trägt uns auch hier wieder: Alles Neue in Ruhe ansehen, Pause zum überlegen gestatten, Schnuppern, einen Schritt zur Probe, viele Schritte rückwärts, neuer Versuch, Pferd anfassen, beruhigen, ein, zwei Mal ein Stückchen Pferdeknabber. Geduld, denn wir wollen das Gelände ja erst kennenlernen. Es geht gut voran. Nur gelegentliche Exerziereinlagen. Entspannt und gefaßt kommen wir bei der neuen Koppel an. Ein paar Pferde knabbern Stroh, ein paar kommen zu uns und Zuni nimmt das Begrüßungsritual an. Bald ist Ruhe. Es geht uns gut. - Dem Anschein nach, leider nicht wirklich! Denn es zeigte sich, daß wir dort nicht wirklich willkommen waren. Gut drei Monate lang versucht. Was mich betrifft, war's egal, so schön waren die Damen denn doch nicht; aber Zuni blieb dort sichtlich einsam, war traurig und wurde jeden Monat um ein Loch im Sattelgurt dünner, ist trotz unserer täglichen zwei Stunden Grasen nicht satt geworden. Mangelhafte Fütterung? abweisende Herde? Vorsichtig gefragt, "machen wir seit 12 Jahren so" kommt die klassische Ostantwort - Kameraden fressen sich den Wanst auf unsere Kosten an, dann auch noch Sprüche, zum Schmied, zum Tierarzt, zu ein paar weggefressenen Grashalmen. Darf ich es wagen, Schmied und Tierarzt selber zu wählen? womöglich zu lächeln bei der wahnhaften Verabreichung obscurer 'Globuli'? Pferdetherapeutische Betstunde nicht zu besuchen? Müssen wir uns mit sowas wirklich auseinandersetzen? Müssen wir nicht! Trauerspiel. Also nochmal gewandert: Nicht weit, bieder, ohne Landschaftsgegärtnertes. Dafür aber beste Betreuung, sauberer Stall, Stroh zum hinlegen, Pferd innerhalb weniger Tage von den anderen akzeptiert. Warum nicht gleich? Nun ja... Grund war der vor dem Betreuer-Wechsel recht verwarloste Zustand von Koppel und Unterstand. Wohnklo! Im vergangenen Sommer dort schon mal die Strahlfäule eingefangen. War auszuschließen!

Ohne des Zunchens großes Vertrauen wäre das alles ohne Schaden kaum zu überstehen gewesen.

Nun gehen wir wieder spazieren, sehen uns grasend die Gegend an, machen auch gelegentlich einen kurzen Ausritt im Schritt, sehen zu, daß das Hinterbein wieder gesund wird und arbeiten weiter an Vertrauen und Gelassenheit [5/08].

Flatterband im Tor aus Kantholz, bunte Kunststoffbänder ca 2m lang flattern im Wind mit lautem Geräusch - nicht ganz 20 Minuten hat's Zunchen gebraucht, sich mit diesen Dingern, die es nie zuvor gesehen hat, zurechtzufinden. Danach nie wieder ein Problem. Reicht's? Reicht.
Die Wippe muß nicht sein. Wächst sowas irgendwo in der Gegend oder im Wald? Nee, nur auf'm Reitplatz, wo Damen den verhinderten Kuhjungen spielen. Lassen wir. Brauchen wir nicht.
Wassergraben brauchen wir. Ist nach dem Erlebnis in Hoppenrade eine sehr große Hürde. Wird werden. In Ruhe.

Wie wertvoll Vertrauen und Vertrautheit sind, unterstreicht auch dies:
Mittlerweile hat's Zunchen sich angewöhnt, wenn ich es nach der Morgenarbeit für den Gang zur Weide auf die Koppel gebracht habe, demonstrativ das Hinterteil in meine Richtung hinzustellen und dann abwartend mit Augen und Ohren rückwärts zu peilen, um sich von mir zur Weide geleiten zu lassen. Hab' einige Zeit gebraucht, dieses Verhalten zu deuten. Bin dann mal zu ihm hingegangen, um's anzufassen und rauszukriegen, was los war. Da setzt sich das Pferd in Bewegung, just, als ich neben der Schulter ankam. Gemeinsam gehen wir zum Weg, der auf die Weide führt und noch ein wenig weiter, dann trabt es los und rennt zu den anderen Pferden. Das war am selben Ort im vorigen Sommer. Nun wieder hier ist es zum täglichen Ritual geworden, morgens sowieso, aber auch sonst, wenn wir uns gemeinsam am Sandplatz befinden und der Weg zur Weide oder zum Freßplatz ansteht. Bemerkenswert auch, daß Zuni sich seitdem (nahezu) problemlos von der Weide abholen läßt. Interessante Variante. Ohne 'Dominanz', nichts dergleichen! Einfach so, Zuni hat mir das offensichtlich ganz bewußt und mit voller Absicht beigebracht.
Dann die Steigerung, unerwartet, überraschend eher, aber inzwischen denke ich darüber garnicht erst nach, eh alles neu und nichts davon vorhersagbar: Ich war im Begriff, den Weidezaun zu reparieren, wobei mich Zuni mehrmals besuchen kam. Einfach so, dachte ich, der Geselligkeit halber, oder um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen. Sah auch so aus, doch inzwischen habe ich das auffordernd abwartende Hinstellen deuten gelernt. Also dann doch mal die Arbeit unterbrochen und mitgelaufen. Zuni steuerte geradewegs eine noch frische Stelle der Wiese an, dieselbe, zu der sie mich Tags zuvor auf ähnliche Weise geführt hatte, wobei sie aber nach ein paar Büscheln Gras gleich weiterging, um mir noch ein Wiesenstück zu zeigen, dann zurück zu den anderen Pferden. Diesmal aber schien mir, daß sie mich bei sich haben wollte. Keine Ahnung, was genau diesen Eindruck vermittelt hat, rein intuitiv war ich dessen aber ganz sicher. Nehme an, es ist die Körperhaltung, die man im Laufe einiger Zeit der Gewöhnung als Vehikel der Verständigung lesen lernt. Ebenso wurde klar, daß meine Anwesenheit nicht mehr erforderlich war, nachdem ein paar Pferde aus ihrer Gruppe dazukamen und ebenfalls zu grasen begannen.

Inzwischen [8/08] ist das Abholen von der Weide ebenfalls zu einer Art Ritual geworden, auf das Zuni selbst Wert zu legen scheint, auch die korrekte Abfolge will gewahrt sein. Es ist dies der Moment, bei dem wir beide morgens vor der Longen- oder Handarbeit - und meist auch abends zum Gerittenwerden - einander die Freundschaft erneuern. Zuni kommt dann mit, ohne Halfter und ohne Leine, einfach, weil es richtig ist. Manchmal, sobald ich ihr in die Mähne greife, nimmt sie mich im Trabe mit, gelegentlich auch im Galopp. Wir gehen zum Unterstand für den Früstücks-Hafertopf, danach Saufen und anschließend zum Reitplatz, wo schon die Anziehsachen deutlich sichtbar warten. Nach (wenigstens) einer halben Stunde Pause beginnt die Vorbereitung auf unsere ‘Morgenarbeit’, Putzen, Sattel, Kopfzeug, Freundlichsein. Nach der Arbeit noch ein Imbiss, dann gemeinsam raus zur Tränke - Zuni wartet, bis ich sie begleite - und dann wackeln wir gemütlich auf die Weide. Dort löst sich's Pferd und geht seiner Wege. An manchen Tagen geht man auch zum Strohknabbern in den Unterstand, oder man läßt sich nur den Hintern kraulen; das Prinzip bleibt dasselbe.

Daher:
Chef? Wozu! Wir suchen - und fanden! - die Verständigung.
Meine These, Pferde würden nicht absichtsvoll handeln, relativiert sich!

Die Dinge sind im Fluß. Es scheint so, als habe das Pferd begonnen, mir als eine Art Teilzeitfohlen Unterricht zu erteilen: Sobald ich den Sinn einer Handlung halbwegs begriffen und für Zuni merkbar umgesetzt habe, folgt die nächste Lektion. Irgend ein neues Verhaltensmuster, das ich nicht recht deuten kann. Allmählich taste ich mich an dessen Sinn heran, beginne zu verstehen, versuche, es im Sinne meiner Lehrmeisterin umzusetzen und wenn mir das gelungen ist, geht es sogleich weiter wie gehabt. Zuni ist sehr geduldig mit mir.

Vielleicht ist's nichts weiter als esoterischer Schwachsinn? Sei's drum. Alles Raisonieren führte nicht weiter. Ich habe es aufgegeben und liefere mich dem Anschein aus. - "Vielleicht …" Siehe oben. Wen kümmert es.

Scheußlich:
Nun finde auch ich mich dort wieder, wo zwar beschrieben wird, wie sich ein erreichtes Ziel zeigt, nicht aber der Weg dorthin. Ärgerlich! Denn das ist mein hautpsächlicher Kritikpunkt an (fast) all den wundervollen Weisheitsbüchern zur Reiterei und zur Pferdekunde. Eben weil mir das mächtig auf die Nerven gegangen ist, habe ich mit meinen Seiten zur Pferderei begonnen. Was mich aber noch weit mehr entnervt, ist die Erfahrung, daß weniger opportunes Verhalten, sofern es nicht von irgendeiner überflüssigen Pferdegurune abgesegnet wurde, von deren Jünger(inne)n in Grund und Boden verdammt wird - falls es jenen nicht gelingt, sich die Urheberschaft rsp. das Verdienst der Erkenntnis aus solcher Erfahrung selbst zuzueignen.
Darum meine "Geheimen Künste", deren eigentlicher Inhalt aus solchen Gründen leider so geschrieben werden mußte, daß er sich nur dem einfühlsamen Leser offenbart, dem, der einer Erklärung eigentlich garnicht bedarf. Und so schreibe ich mir den Kram von der Seele, allein, um die Last loszuwerden, ansonsten zweckfrei - ‘Richtig’ oder nicht … Siehe oben. Wen kümmert es?

Nun, der Unterricht geht weiter. Nach wechselvollen Irrwegen endlich seit ein paar Monaten wieder stationär und voll der Hoffnung, daß dieser Zustand uns einige Zeit erhalten bleibe, leben wir nun mit einem lieben Kameraden zusammen und haben eine riesengroße Halle zum Reiten, Toben und Kontakte Pflegen.
In dieser Halle hat nun [3/10] Zuni mir bereits zum zweiten Mal gezeigt, wie man sich einen geeigneten Platz zum Wälzen aussucht, Ort und Bodenbeschaffenheit studiert, Umgebung beurteilt, Ruhe findet. Man wartet ab, bis der Kamerad zu seiner Koppel gebracht wurde, bevor die Übung beginnt. Schreitet voraus, wartet bis der Zögling in respektablem Abstand und auf Schulterhöhe angekommen ist. Trabt an, erwartet Folgsamkeit auch dabei. Geht am Ende raus und ist zufrieden - noch nicht ganz, denn eben erst hab' ich verstanden, was das Ziel der Unternehmung ist.


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