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Zunigunde | im Besonderen: | Vertrauen und Vertrautheit |
Das Zunipferd |
ist absolut gutwillig, kooperativ, selbstbewußt und voll naiven Vertrauens. |
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Beim ersten ernsthaften Ausritt in völlig unbekanntes Terrain gerade erlebt: Da bewältigt meine Zuni voller Vertrauen eine neue Situationen nach der anderen, geht aber plötzlich nicht mehr weiter, weil sie sich schließlich doch vor etwas fürchtet. Wenn ich nun mein Pferd unter mir zittern spüre, weiß ich doch, daß es ohnehin schon weit mehr gewagt hat, als es auf sich allein gestellt getan hätte - es würde eine solche Situation von vornherein sicher vermeiden. Soll ich ihm dann auch noch die Gerte geben, oder die Sporen? Schwachsinn! Denn, wenn ich ihm nur ein paar Sekunden Zeit lasse, sich die Sache anzusehen, und es dann die mutmaßliche Gefahr spürbar voller Selbstvertrauen in aller Ruhe überwindet - und fortan bei ähnlichen Situationen völlig unbeeindruckt bleibt - wer will uns dann noch mit seinem blöden Dominanzgefasel imponieren! [27.12.06]
Kurz darauf mein schönstes Zwischenergebnis:
Das haben wir uns erhalten und gefestigt. So, wie ich selber mich reitend entschieden sicherer fühle,
als zu Fuß neben dem Pferd - die Einwirkung ist umfassender (auch wörtlich) und es kann einem
z.B. niemand auf die Füße treten - scheint das Zunchen sich mit mir obendrauf ebenfalls deutlich
sicherer zu fühlen. Unwegsames, völlig unbekanntes Gelände, Straßenverkehr, ratternde
Fahrzeuge und besonders die Spargelernte mit all ihren immer wieder neuen verfeinerten Gemeinheiten haben
es deutlich gezeigt. Schwierige Situationen stets reitend durchgestanden rsp. in ganz schwierigen
Fällen wenigstens abgeschlossen, mitunter wohl sehr entschlossen und energisch weitergeritten, jedoch
nie (NIE!) geschlagen, sporniert oder sonstwie drangsaliert. Schlimmstenfalls abgebrochen und später
oder an einem anderen Tage erneut versucht, solange, bis sich der Erfolg einstellte. Pferd nie alleingelassen!
Habe das stets so gehalten, Resultat immer ähnlich: Den ersten fremden Stall konnten wir zu Fuß verlassen, obwohl eine Hausfassade während der Gewöhnungsversuche eine unüberwindliche Bedrohung darzustellen schien; wie oft haben wir schmale Brücken geübt! Überquerung nie gelungen, aber als es wirklich notwendig wurde, ging's Zunchen ohne Zögern einfach drüber, stark befahrene Autobahn untendrunter rsp. ein breiter Kanal; Longieren in der Halle nunmehr ruhig und sicher [5/07], obwohl ich stets entweder die Halle verlassen habe, wenn die Unruhe gar zu stark wurde, oder gleich aufgestiegen bin, wenn Zuni Angst bekam; und inzwischen [12.5.07] stapft sie wacker durch kaum einschätzbare Wasserlachen hindurch, ist darin auch schon mal recht heftig gestolpert, wo sie vorher nichtmal zum Durchwaten einer ganz flachen Pfütze zu bewegen war, obwohl ich sie nie auch nur energisch hindurchgeschickt, sondern stets, wenn Furcht aufkam und ruhige Überzeugungsarbeit nicht half, einen Umweg genommen habe.
Auf jeden Fall, das Vertrauen muß gegenseitig sein, und bedingungslos.
Und auch das: Endlich erwischt, runtergefallen. Karnickel unmittelbar vor uns aus dem Gras gehopst, und Zuni zur Seite, ich daneben. Mangels Pferdes auf dem Boden gelandet. Stall und Koppel in Sichtweite. Stunde der Wahrheit, wo rennt's Pferd hin? Garnicht: Bleibt ein paar Meter neben mir stehen, läßt sich ohne weiteres am Zügel greifen. Ich steige auf. Fertig. Pferd ruhig, wir gehen weiter. Nagelprobe bestanden. Bin sehr zufrieden. [5/07] Erst recht, nachdem nun, ein paar Tage später, aufgrund weiterer in der Nähe rumspringender Karnickel und anderen Getiers klar ist, daß dieses Ereignis keinerlei Konsequenz hatte, als die, das Zunchen gegen unvorhergesehenes Karnickelgehopse u.dgl. noch ein wenig sicherer zu machen. Andere Runterfall-Ereignisse hatten wir schon hinreichend, etwa beim Versuch, von rechts aufzusitzen. Stets war heillose Panik die Folge, Pferd rennt weg, ich fliege eine zeitlang mit, dann trennen sich unsere Wege. Einzige Konsequenz: Zuni wird ganz allmählich auch von rechts zutraulicher, irgendwann wird das Aufsteigen kein Problem mehr sein. Arbeite ähnlich daran, wie zu Anfang vor dem Anreiten, nur geduldiger. Bin auch schon mal beim Aufsteigen gegen das drängelnde Pferd auf der anderen Seite gleich wieder runtergerutscht. Alles ohne Folgen. Noch nie hat Zuni versucht, mich abzuwerfen. Draußen, bei den ersten Hüpfern im gestreckten Galopp war ich keineswegs ganz sicher - Dumm von mir! So ergab sich der nach dem Anreiten nächste wichtige Erfolg. Das Vertrauen ist hergestellt, es trägt und es ist gegenseitig. Zuni blieb bei mir stehen, weil sie sich dort sicher gefühlt hat - oder weil sie meinte, mir Schutz bieten zu müssen? Erstmal egal. Zusammen mit den bisherigen, weniger deutlichen derartigen Situationen wird aus der Vermutung nun Gewißheit. Erreicht auch wieder so, wie ich es mir erhofft hatte, schlichtweg aus dem Erleben heraus, ganz ohne Dominanzgequake, Dualgeflüster, Joinakademie, 'Chef'-Getue oder sonstsowas.
Dieses Pferd ist so arglos und zutraulich, wie nur ein Pferd sein kann. In der Tat, soweit waren wir. Bis ganz
offensichtlich dann doch so ein blöder, dicker, selbstherrlicher
Teilzeitbauer und Ex-Ober-Stallausmister
gegen ausdrückliche
Vereinbarung und trotz wiederholter deutlicher Anweisung, dergleichen zu unterlassen, nach der Methode
"hamwaimmasojemacht" das Zunchen nun doch mal so richtig richtig erziehen und darum fest anbinden
mußte. Vermutung nur! denn eigentlich hat es ja niemand angebunden, nimmer! was für eine verwegene
Unterstellung. Die Pferde selber sind's gewesen. Wersonst. Klardoch. Solchermaßen abgestraft und
belehrt ziehe ich mich auf meine Gedanken zurück.
Überstanden! Beim jüngsten 'vollendeten Verladetraining' gezeigt [30.6.07].
Eigentlich geht's Verladen ja wohl anerkanntermaßen besser, wenn ein routinierter Fremder anstelle
des aufgeregten und unerfahrenen Besitzers den Vorgang in die Hand nimmt. Meine große Zittertour. Nach
vorsichtigem Heranführen an den Hänger, Beschnuppern, Heu Knabbern und weiteren derartigen
Entspanntheitsübungen in der folgenden ernsthaften Phase eben so versucht. Erfolg: Zuni wehrt sich erst
recht. Ganz besonders, als man versuchte, mit langer Leine nach Art eines Flaschenzuges sie mit 'sanfter
Gewalt' in die Ladebox zu ziehen. Soll ja ein probates M
ittel sein. Nicht bei Zuni! Meine Rede! Doch wen
interessiert das schon. Ein Minimum 'besseren Wissens' ist kraft beruflichen Status' als
Pferdeverlade-Oberassistent wohl unvermeidlich. Dennoch, als man - glücklicherweise sofort, ohne Diskussion
und ohne Schaden für das Pferd - begann, mir Glauben zu schenken, umgehend abgelassen, Pferd beruhigt und
das Zwei-Longen-Verfahren bemüht, mit mir selber vorneweg: Etwas Zögern, Schnuppern, Zieren, ein wenig
Nachdruck mit den Longen, und trapp trapp trapp ging's rauf in die Kiste. Hurtig und kurz entschlossen.
Schon wieder! Aber wie gehabt, wo das Zunchen in Gefahr gebracht wird - diesmal durch einen stallbetreibenden
Treckerfahrer - bleiben wir nicht: Zum dritten Mal innerhalb sechs Wochen ein dickes Bein. Richtig schlimm diesmal.
Verknackst? Sehnenschaden lauert! Dieses mitgeteilt, in der Hoffnung, man würde ein wenig Rücksicht nehmen.
Selber dageblieben, um bei Bedarf zu helfen. Nichts da! Beim Heu nachlegen ist man zu faul, den Trecker zu verlassen,
zwei Pferde entwetzen durch's offene Koppeltor, und der Herr der Landschaft macht sich daran, die beiden mit
Trecker und Heugabel dran durch den knöcheltiefen glitschigen Modder zurückzujagen. Eben dort entlang, wo
das dicke Bein durch heftige Ausrutscher entstanden ist. Nun ist klar, warum es auch nicht gesund werden konnte.
[3.12.07] - Letzteres schon, die Ursache ist erst viel später zutage getreten.
Es muß einen sehr harten Stoß an's Röhrbein gegeben haben. Nun, gegen Ende des Fellwechsels
läßt sich eine kleine vernarbte Stelle erkennen. Ein Rest vom Bluterguß ist immernoch fühlbar,
baut sich zwar ab, aber sehr, sehr langsam. - Wir gehen grasen und selten machen wir auch mal 'nen kleinen
Schritt-Ausritt oder longieren ein wenig, damit solche Übungen immerhin wenigstens in Erinnerung bleiben.
Ohne des Zunchens großes Vertrauen wäre das alles ohne Schaden kaum zu überstehen gewesen. Nun gehen wir wieder spazieren, sehen uns grasend die Gegend an, machen auch gelegentlich einen kurzen Ausritt im Schritt, sehen zu, daß das Hinterbein wieder gesund wird und arbeiten weiter an Vertrauen und Gelassenheit [5/08]. Flatterband im Tor aus Kantholz, bunte Kunststoffbänder ca 2m lang flattern im
Wind mit lautem Geräusch - nicht ganz 20 Minuten hat's Zunchen gebraucht, sich mit diesen Dingern, die es
nie zuvor gesehen hat, zurechtzufinden. Danach nie wieder ein Problem. Reicht's? Reicht.
Wie wertvoll Vertrauen und Vertrautheit sind, unterstreicht auch dies: Inzwischen [8/08] ist das Abholen von der Weide ebenfalls zu einer Art Ritual geworden, auf das Zuni selbst Wert zu legen scheint, auch die korrekte Abfolge will gewahrt sein. Es ist dies der Moment, bei dem wir beide morgens vor der Longen- oder Handarbeit - und meist auch abends zum Gerittenwerden - einander die Freundschaft erneuern. Zuni kommt dann mit, ohne Halfter und ohne Leine, einfach, weil es richtig ist. Manchmal, sobald ich ihr in die Mähne greife, nimmt sie mich im Trabe mit, gelegentlich auch im Galopp. Wir gehen zum Unterstand für den Früstücks-Hafertopf, danach Saufen und anschließend zum Reitplatz, wo schon die Anziehsachen deutlich sichtbar warten. Nach (wenigstens) einer halben Stunde Pause beginnt die Vorbereitung auf unsere ‘Morgenarbeit’, Putzen, Sattel, Kopfzeug, Freundlichsein. Nach der Arbeit noch ein Imbiss, dann gemeinsam raus zur Tränke - Zuni wartet, bis ich sie begleite - und dann wackeln wir gemütlich auf die Weide. Dort löst sich's Pferd und geht seiner Wege. An manchen Tagen geht man auch zum Strohknabbern in den Unterstand, oder man läßt sich nur den Hintern kraulen; das Prinzip bleibt dasselbe.
Daher:
Die Dinge sind im Fluß. Es scheint so, als habe das Pferd begonnen, mir als eine Art Teilzeitfohlen Unterricht zu erteilen: Sobald ich den Sinn einer Handlung halbwegs begriffen und für Zuni merkbar umgesetzt habe, folgt die nächste Lektion. Irgend ein neues Verhaltensmuster, das ich nicht recht deuten kann. Allmählich taste ich mich an dessen Sinn heran, beginne zu verstehen, versuche, es im Sinne meiner Lehrmeisterin umzusetzen und wenn mir das gelungen ist, geht es sogleich weiter wie gehabt. Zuni ist sehr geduldig mit mir. Vielleicht ist's nichts weiter als esoterischer Schwachsinn? Sei's drum. Alles Raisonieren führte nicht weiter. Ich habe es aufgegeben und liefere mich dem Anschein aus. - "Vielleicht …" Siehe oben. Wen kümmert es.
Scheußlich:
Nun, der Unterricht geht weiter. Nach wechselvollen Irrwegen endlich seit ein paar Monaten wieder
stationär und voll der Hoffnung, daß dieser Zustand uns einige Zeit erhalten bleibe, leben
wir nun mit einem lieben Kameraden zusammen und haben eine riesengroße Halle zum Reiten, Toben
und Kontakte Pflegen.
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